Wir haben in unseren Fototipps vor allem die technischen Grundlagen für bessere Fotos mit deiner digitalen Spiegelreflexkamera erklärt. Heute widmen wir uns mit der Drittelregel und der Linienführung den beiden wichtigsten Grundlagen der kreativen Bildgestaltung.
Die Bildkomposition
Die Bildgestaltung oder Komposition umfasst im Grunde den gesamten kreativen Prozess des Fotografierens. Sie sorgt dafür, dass das Foto am Ende so aussieht, wie es aussieht. Motivauswahl, Farbgebung, Belichtung, Schärfe, Kontrast, Tiefe und Perspektive: Das alles gehört zur Bildgestaltung dazu.
Im engeren Sinne bezeichnen wir mit der Bildkomposition vor allem die Art und Weise, wie Objekte im Bild zueinander angeordnet oder arrangiert werden. Gerade in dieser Hinsicht ist die Drittelregel eine der wichtigsten Grundregeln der fotografischen Bildgestaltung.
Die Drittelregel: Objekte nicht immer mittig platzieren!
Die Drittelregel (auf Englisch: „Rule of Thirds“) bedient sich der natürlichen Tendenz des menschlichen Auges, zuerst auf bestimmte Teile eines Bildes zu achten. Sie ist verwandt, aber nicht identisch mit dem goldenen Schnitt, den wir aus der bildenden Kunst kennen.
Nach der Drittelregel wird ein Bild in neun gleich große Teile aufgeteilt, indem je zwei horizontale und zwei vertikale Linien über das Bild gelegt werden.
Die vier Punkte, an denen sich die Linien treffen, sind die stärksten Blickpunkte. Die wichtigsten Elemente eines Bildes sollten laut der Drittelregel möglichst an diesen Punkten oder aber entlang der Linien platziert werden.
Fotografien, bei denen das Hauptmotiv genau in der Mitte platziert ist, wirken normalerweise langweilig und uninteressant. Die Theorie der Drittelregel besagt, dass unser Auge wie automatisch auf die Blickpunkte, die im Drittel liegen, gelenkt wird. Bei Landschaftsaufnahmen bietet es sich beispielsweise an, den Horizont auf eine dieser Linien zu legen anstatt in die Bildmitte. Auch Personen wirken lebendiger und ansprechender, wenn sie leicht seitlich platziert werden.
Die Drittelregel ist als eine Art gedankliche Stütze bei der Bildkomposition zu verstehen. Sie dient als Ausgangspunkt, darüber nachzudenken, wie wir ein Foto anordnen können, damit es auf den Betrachter möglichst schön und visuell ansprechend wirkt.
Achtung: Falls du eine einfache Kompaktkamera im Automatikmodus (oder auch eine Handykamera) benutzt, achte darauf, dein Hauptmotiv scharf zu stellen, auch wenn es sich nicht in der Mitte des Bildes befindet!
Der Schärferegler an der Kompaktkamera fokussiert meistens automatisch das Objekt in der Mitte deines Bildes. In diesem Fall musst du den Fokus erst auf das Hauptmotiv ausrichten, indem du den Auslöser nur leicht gedrückt hältst. Dann bewegst du die Kamera leicht zur Seite, sodass dein Motiv sich auf der Drittellinie befindet. Wenn du nun abdrückst, sollte das Motiv scharf sein, auch wenn es nicht in der Bildmitte angeordnet ist.
Muss ich mich immer sklavisch an die Drittelregel halten? Die Antwort ist ein klares „Nein!“. Die Drittelregel sollte dir nur zur Orientierung dienen. Wie bei jeder Regel gibt es auch hier Ausnahmen von der Regel und manchmal lohnt es sich, die Regel ganz bewusst zu brechen und das Motiv eben doch genau in der Mitte zu platzieren.
Die Drittelregel hilft vor allem Anfängerinnen und Anfängern, die Bildkomposition zu verbessern. Mit der Zeit wird dir die Regel in Fleisch und Blut übergehen und du wirst deine Fotos automatisch so anordnen, dass sie ungefähr, aber nicht unbedingt hundertprozentig, der Drittelregel entsprechen.
Wenn du mit deinem iPhone fotografierst, hast du es übrigens ganz besonders leicht: Die eingebaute Foto-App verfügt über eine Einstellung, die dir die Raster gleich beim Fotografieren anzeigt. Einfach oben auf das Feld Optionen klicken, Raster einschalten, fertig! Schon erscheinen die Drittellinien auf dem Bildschirm und du hast die perfekte Orientierung beim Fotografieren!
Linienführung
Verwandt, aber nicht identisch mit der Drittelregel ist die fotografische Linienführung. Auch sie hängt eng mit der menschlichen Sinneswahrnehmung zusammen, denn unser Auge sucht ganz automatisch nach Ordnungs- und Orientierungspunkten im Bild. Linien helfen dabei ganz besonders gut.
Linien geben Fotos Ordnung und Richtung und lenken den Blick auf das Wesentliche. Sie geben einem Bild Struktur und erlauben es im besten Fall, eine Geschichte zu erzählen, der das Auge wie automatisch innerhalb von wenigen Sekundenbruchteilen folgt.
Genau wie die Drittelregel ist auch die Linienführung kein unumstößliches Dogma, dem du sklavisch folgen musst. Die Linienführung ist eher eine lose Orientierungshilfe, die du dir bei der Bildkomposition in Erinnerung rufen solltest. Später wirst du sie dann wahrscheinlich wie automatisch befolgen, ohne groß darüber nachzudenken.
Es gibt verschiedene Arten von Linien, die du beim Fotografieren einsetzen kannst, um dein Bild interessant zu gestalten. Wir haben sie für dich im Folgenden aufgelistet.
Horizontale Linien
Horizontale Linien geben dem Bild besonders viel Struktur und Ordnung. Mit ihnen kannst du den Blick leicht auf mehrere verschiedene Bereiche in deinem Foto lenken. Die am häufigsten vorkommende horizontale Linie ist wohl der Horizont.
Wie in meinem Beispiel kannst du mit horizontalen Linien das Bild auch wunderbar in drei unterschiedliche Bereiche aufteilen. Zur Erinnerung: Achte beim Horizont darauf, gemäß der Drittelregel den Horizont nicht genau in der Mitte des Bildes zu platzieren – so wirkt das Bild interessanter auf den Betrachter.
Vertikale Linien
Auch die vertikalen Linien können das Bild in mehrere Bereiche aufteilen. Ein häufiges Beispiel für vertikale Linien sind Häuser oder Hochhäuser.
In meinem Beispiel habe ich die vertikalen Linien bewusst nicht parallel zum Bildrand angeordnet – so vermittelt das Bild sehr gut das schwindelerregende Gefühl, das wir typischerweise mit den beeindruckenden New Yorker Häuserschluchten verbinden.
Achte in jedem Fall darauf, dass klare vertikale Linien im Einklang mit deinem Motiv und mit deiner Bildaussage stehen – sie sollten zum Beispiel auf keinen Fall Elemente voneinander trennen, die eigentlich zusammengehören!
Diagonale Linien
Neben der Aufteilung in unterschiedliche Bereiche können Linien auch eine verbindende Funktion haben. Das ist besonders oft bei diagonalen Linien der Fall. Du kannst sie super dazu nutzen, den Blick von einem wichtigen Element zu einem anderen zu lenken.
Ordnest du mehrere diagonale Linien parallel zueinander an, wirkt das sehr harmonisch und hilft, die Aufmerksamkeit auf das Hauptmotiv zu lenken.
… und unendliche Kombinationsmöglichkeiten!
Die verschiedenen Linientypen kannst du natürlich auch in einem Foto kombinieren. Achte aber darauf, das Bild nicht mit zu vielen unterschiedlichen Linien zu überladen, sonst wirkt es schnell unruhig und unübersichtlich.
Gerade bei der Schwarz-Weiß-Fotografie können unterschiedliche Linien, die zusammen ein Raster oder ein Muster ergeben, sehr reizvoll auf das Auge wirken. Die Schwarz-Weiß-Fotografie ist ohnehin ein Genre, in dem die Linienführung besonders wichtig ist. Da keine Farben den Blick des Betrachters ablenken, steht die Komposition deines Fotos im Vordergrund.
Zusammenfassung: Bildgestaltung mit Drittelregel und Linienführung
Nun kennst du also zwei der wichtigsten Aspekte der fotografischen Bildgestaltung. Zusammen können Drittelregel und Linienführung dir helfen, deine Bilder interessanter und ansprechender zu gestalten.
Denke daran, dass beide Regeln nur zur Orientierung dienen – denn die wichtigste Regel bei der Bildgestaltung lautet nach wie vor: Lasse deiner Kreativität einfach freien Lauf!
Quellen: Bilder 1 bis 5: © Gemza Fotografie, Bild 6: © Thomas Pyttel / fotolia.com